Neulich habe ich einen Artikel von einem bekannten Trader über selbstlernende Handelssysteme gelesen. Da bekanntlich nur etwas geglaubt und angewendet werden soll, was man auch selbst getestet hat, habe ich den Indikator und auch ein zugehöriges System dafür programmiert.
Grundlagen über adaptive Indikatoren
Normalerweise werden Parameter von Indikatoren für eine bestimmte Zeitspanne oder ein spezielles System optimiert, damit man die besten Ergebnisse im Sinne einer hohen Performance oder einem geringen Drawdown erhält. Beim RSI sind das bspw. die obere und untere Grenze, ab wann dieser als überkauft oder überverkauft angesehen wird. Zudem wird noch die Periode auf ein entsprechendes Level angepasst.
Bei adaptiven Indikatoren passiert diese Anpassung über einen gewissen Zeitraum selbst und ändert sich auch entsprechend, wenn neue Kerzen im Chart entstehen. Neben der Anpassung der Parameter kann allerdings auch der mögliche Gewinn bei gleichbleibenden Parametern optimiert werden, indem man nur die effizientesten Kursverläufe handelt.
Hiermit ist der Kurs an der nächsten oder übernächsten Kerze gemeint, welcher bei historischen Daten zur Verfügung steht. Ein Blick in die Zukunft, oft auch Peeking genannt, ist hierbei gewünscht, um die Datenbasis aufzubauen. Die Anzahl der Datenpunkte bzw. Kerzen, die zu betrachten sind, kann dabei variieren.
Dieses Effizienzkriterium kann also nur auf vergangenen Daten berechnet. Wenn der RSI bspw. mit festen Parametern bei einem Level von 80-90, an den letzten 100 betrachteten Kerzen, im Durchschnitt, an der nächsten Kerzen einen entsprechenden Gewinn verzeichnet hat. Dann ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass dies auch an der aktuellen Kerze bzw. an der nächsten Kerze passieren kann und der Kurs sich entsprechend entwickelt.
Man kann den berechneten und möglichen Wert dann im Chart einzeichnen. Hier ein Beispiel am FDAX im 5-Minuten-Chart
Hier wird der durchschnittliche Gewinn des RSI im Bereich 80-90 an den letzten 100 betrachteten Kerzen für die nächste Kerze vorausgesagt und entsprechend im Chart markiert. Jede weitere Kerze im Chart führt zu einer neuen Berechnung und die älteste Berechnung fällt heraus. Hiermit ist sichergestellt, dass aktuelle Daten immer Vorrang vor veralteten Datenpunkten haben. Die Adaption ist durch eine fortlaufende Aktualisierung und Neuberechnung gegeben. Der Chart und die Vorschau als blauer Punkt aktualisieren sich von selbst, an jeder neuen 5-Minuten-Kerze.
Auswertung der adaptiven Berechnungen
Zur Auswertung der Berechnungen könnte jetzt ein bekannter RSI-Bereich verwendet werden, wie oben im Beispiel zu sehen, der in der Literatur gute Ergebnisse liefern soll. Hierzu wird eine Gewinnschwelle in Prozent oder Ticks berechnet, die für einen Trade in Frage kommt oder die über einem Durchschnittswert liegt.
Die Linie des Indikators selbst stellt die prozentuale Kurs-Veränderung an der nächsten Kerze dar. Im Extrembereich (hierzu wird ein Bollinger-Band eingezeichnet), darf dann danach gehandelt werden. Diese Extrembereiche fallen oft, wie zu erwarten, mit den RSI-Grenzen zusammen.
Dies ist eine Variante zur Auswertung der Ergebnisse per Tradingsystem. Es werden nur die Extrembereiche gehandelt, welche meistens auch mit den RSI-Extrembereichen zusammenfallen. In der angesprochenen Veröffentlichung, wurde dies genauso gemacht und die Ergebnisse können sich, zumindest auf einigen Instrumenten durchaus sehen lassen.
Eine weitere und wie ich finde noch interessantere Möglichkeit der Auswertung der adaptiven Berechnungen, ist die konkrete Betrachtung, wie oft denn nun eine Prognose auch wirklich eingetroffen ist. Die Werte der Prognose, im Chart als blauer Punkt für die aktuelle Kerze markiert und für die vergangenen Kerzen als Indikator dargestellt sind bekannt. Eine weitere Berechnung, ob an der nächsten Kerze nun wirklich dieser Kurs erreicht wurde, kann hiermit ebenso erstellt werden.
Folgende Effizienzparameter werden als weitere Grundlage für ein Handelssystem verwendet und entsprechend konfiguriert
Erfolgsrate: | Häufigkeit des Erreichens eines berechneten Kurses |
Anzahl Datenpunkte: | Häufigkeit des Vorkommens bei gleichem RSI-Level |
Minimale Performance: | Minimale erreichte Kursänderung an der nächsten Kerze |
Mit einer gewissen Erfolgsrate, einer notwendigen Anzahl an betrachteten Datenpunkten in der Vergangenheit, bei denen der RSI das aktuelle Level ebenfalls erreicht hat, sowie einer vergangenen minimalen Kursänderungen zu unseren Gunsten sollten wir nur die besten Trades herausfiltern können.
Leider ist dem nicht so. Meine Untersuchungen haben ergeben, dass die Ergebnisse sehr stark vom verwendeten historischen Zeitraum abhängen. Die zweite vorgestellte Variante kommt im Durchschnitt nicht an die etwas einfachere Variante mit den Extrembereichen der Kursgewinne heran. Dies kann bspw. an einer Überoptimierung liegen oder daran, dass der RSI bekanntlich nur in den Extrembereichen einen kleinen Vorteil für das Trading aufweist. In Variante zwei werden nämlich alle RSI-Level gehandelt nicht nur die Extrembereiche. Weitere Untersuchungen sind hierzu als notwendig.
Das Vorkommen eines Programmierfehlers ist ebenfalls möglich, da die Berechnungen hierzu recht komplex sind. Sofern weitere Ergebnisse vorliegen, werden diese hier vorgestellt.
Ausblick
Die adaptive Berechnung im Falle des RSI ist nicht ganz einfach umzusetzen. Die Freiheitsgrade müssen von Anfang an begrenzt werden, und die Berechnung auf Parameterebene oder Kursgewinnebene eingeschränkt werden. Die Ergebnisse konnten überwiegend nachvollzogen und reproduziert werden.
Interessant wäre eine Auswertung zu weiteren Indikatoren, denen eine adaptive Komponente beigemischt wird. Ergebnisse einer Stochastik, oder eine Kombination von Indikatoren könnten ebenso betrachtet werden. Auch Kursverläufe oder Muster könnten adaptiv ausgewertet werden.
Erfolgreiche Trading Tage
Holger Breuer