In diesem Artikel möchte ich einige Analysen zum Gap-Trading im FDAX vorstellen. Gerade durch den neuen Mini-FDAX kann beim DAX-Trading hierdurch das Risiko der Positionen enorm reduziert werden. Die Positionsgröße bei einem Trade kann besser an die oft recht hohe Volatilität angepasst werden. Aus diesen Gründen ist ein DAX-Trading für einige kleine Anleger wieder attraktiver geworden, weshalb ich aktuell vermehrt auf der Suche nach Strategien für diesen Markt bin.
Definition von Gaps
Ein Gap beschreibt eine Kurslücke, die zu Beginn der Handelsession auftreten kann. Da der Kurs meist nicht am selben Preislevel öffnet, wie er am Tag zuvor geschlossen hat, haben wir fast jeden Tag Gaps, die zur Eröffnung entstehen. Der FDAX eröffnet um 8:00 und schließt um 22:00. Nach 22:00 wird die Schlussauktion vollzogen, so dass der korrekte Schlusskurs erst einige Minuten später zur Verfügung steht. Eine gute Handelssoftware sollte diesen auch anzeigen, ein Datenprovider auch liefern können.
Statistiken zum Gap-Close
Schauen wir uns zunächst die Gap-Verteilung aller Gaps im FDAX der letzten 9 Jahre von 2007 – 2015 an. Es handelt sich hierbei um 2201 untersuchte Handelstage:
Anzahl Handelstage: | 2201 |
Anzahl DownGaps: | 1046 (47,52%) |
Anzahl UpGaps: | 1135 (51,57%) |
Wir sehen, dass es kaum Tage gibt, an denen kein Gap aufgetreten ist, also der Eröffnungskurs exakt dem Schlusskurs entsprochen hat. Mehr als 99% der Tage im betrachteten Zeitraum sind Gap-Tage.
Gaps werden nicht immer, aber doch oft am selben Tag wieder geschlossen (Gap-Close). Man kann untersuchen, ob und in welcher Zeitspanne dies passiert. Bspw. die ersten 1, 2 oder 4 Stunden nach Handelsbeginn. Hieraus könnte dann, sofern die Werte statistisch relevant sind, eine Handelsstrategie abgeleitet werden. Es folgen die Ergebnisse zum Gap-Close im definierten Zeitraum:
DownGaps | 1046 | (100,00%) |
Davon geschlossen nach 15 Minuten: | 230 | (21,99%) |
Davon geschlossen nach 30 Minuten: | 53 | (5,07%) |
Davon geschlossen nach 1 Stunden: | 85 | (8,13%) |
Davon geschlossen nach 2 Stunden: | 197 | (18,83%) |
Davon geschlossen nach 4 Stunden: | 120 | (11,47%) |
Davon geschlossen nach 6 Stunden: | 35 | (3,35%) |
Davon geschlossen nach 8 Stunden: | 39 | (3,73%) |
Davon geschlossen am selben Tag : | 836 | (79,92%) |
UpGaps | 1135 | (100,00%) |
Davon geschlossen nach 15 Minuten: | 264 | (23,26%) |
Davon geschlossen nach 30 Minuten: | 40 | (3,52%) |
Davon geschlossen nach 1 Stunden: | 71 | (6,26%) |
Davon geschlossen nach 2 Stunden: | 248 | (21,85%) |
Davon geschlossen nach 4 Stunden: | 111 | (9,78%) |
Davon geschlossen nach 6 Stunden: | 41 | (3,61%) |
Davon geschlossen nach 8 Stunden: | 34 | (3,00%) |
Davon geschlossen am selben Tag : | 870 | (76,65%) |
Bereits in den ersten Handelsminuten werden die meisten Gaps wieder geschlossen. Das bedeutet, dass der Kurs nach der Eröffnung wieder zum Schlusskurs des letzten Tages zurückläuft. Die Häufigkeit hängt mit der geringen Größe von Gaps zusammen, da oft nur wenige Punkte ein Gap ausmachen.
Um die in obiger Tabelle nach X Stunden geschlossenen Gaps zu erhalten, müssen lediglich die Prozentwerte addiert werden. Bspw. werden insgesamt nach 2 Stunden bereits mehr als die Hälfte aller UpGaps geschlossen, genau 54,89%. Bei den DownGaps sind es ähnlich viele mit 54,02%. Am Tagesende werden so mindestens drei-viertel aller Gaps geschlossen.
Strategie zum Gap-Trading
Eine einfache Strategie könnte jetzt dieses Gap-Close entsprechend handeln, indem direkt nach Eröffnung (hier 15 Minuten nach Handelsbeginn, um dem Marktrauschen zu entgehen) ein Trade in Richtung des Schlusskurses von gestern eingegangen wird. Nachdem wir wissen, dass fast 80% Gaps am Tag wieder geschlossen werden, sollte es sinnvoll sein, diesen Vorteil auch zu nutzen.
Damit der Gap-Trade auch lohnenswert erscheint, wird ein Minimum-Gap von 10 Punkten verwendet. Ist das Gap zu klein (bspw. nur 1-2 Punkte), dann lohnt sich der Trade meist nicht, denn das Chance-Risiko-Verhältnis wäre nicht angemessen. Ein Stop-Loss wird in Höhe von ⅓ der Tages-Volatilität der letzten 5 Handelstage gesetzt.
Wenn der Schlusskurs von gestern erreicht ist, wird der Trade per Profit-Target geschlossen.
Zudem wird als Market-Regime-Filter ein einfacher 5-Tages Moving-Average (SMA) berechnet. Long-Trades werden nur oberhalb, Short-Trades nur unterhalb dieses SMA eingegangen. Die Filter schützen initial vor den größten Drawdowns und sorgen dafür das Gaps nur in Richtung des kurzfristigen Trends gehandelt werden. Getradet wird der FDAX. Sofern Stop oder Target bis kurz vor Tagesende (21:45 Uhr) nicht erreicht wurden, wird der Trade per Market-Order geschlossen.
Nur die Long-Seite kann mit dieser Strategie profitabel gehandelt werden, die Short-Seite bringt nur Verluste mit sich. Der Drawdown ist mit knapp 21% recht groß und lediglich die Gewinnrate von über 66% ist als vernünftig anzusehen. Der Durchschnittsgewinn ist leider mit wenigen Euro so nicht zu gebrauchen.
Anpassung des Schlusskurses
Die Ergebnisse des letzten Tests sind ausbaufähig. Die Erwartungen aufgrund der positiven statistischen Auswertung zu Anfang des Artikels konnten nicht erfüllt werden. So einfach ist ein Gap-Close-Trade dann doch wieder nicht.
Als Anpassung nehmen wir nun eine Änderung der Handelszeiten bzw. der Betrachtung des Schlusskurses vor. Der DAX wird zusätzlich noch als Xetra-Index von 9:00 – 17:30 berechnet. Wie sehen die Ergebnisse aus, wenn man anstatt dem Schlusskurs nach 22:00 einfach den Xetra-Schluss-Kurs berechnet und mit diesem, die Gap-Größe betrachtet. Die Idee dahinter ist, dass die Handelszeiten des FDAX nach 18:00 in der Regel sowieso nur mir geringen Volumen gehandelt werden und viele institutionelle Händler nicht mehr investiert sind. Hierdurch hat der Xetra-Schlusskurs natürlich eine viel größere Bedeutung.
Die Auswirkungen auf die Kennzahlen sind enorm. Die vorher schlechte Short-Seite ist nun sehr profitabel. Der Durchschnittsgewinn ist auf über 100€ angewachsen, was bereits sehr gut ist, um die Strategie für einen Live-Handel in Betracht zu ziehen. Diese Abweichung zur ersten Strategie war so ebenfalls nicht zu erwarten, lässt allerdings Spielraum für weitere Tests.
Fazit und Ausblick
Die vorherigen Ergebnisse zeigen, dass scheinbar ein Gap-Trading auf Basis des DAX-Index bzw. des zugrunde liegenden Xetra-Schlusskurses zu bevorzugen ist. Die reine FDAX-Tradingsession verspricht, aufgrund des hohen Drawdowns und wenigen Profits, keine performante Ausgangslage. Gerade im guten Börsenjahr 2014 wurde mit diesem Ansatz Geld vernichtet.
Weitere Filter und Auswertungen sollten also mit der vielversprechenden kurzen Handelszeit bis 17:30 getestet werden, um evtl. auch den Drawdown noch zu senken. Beispielsweise kann der Market-Regime-Filter zur Bestimmung des lang- und kurzfristigen Trends noch weiter ausgebaut werden. Ebenso könnte ein Profit-Target hier bessere Ergebnisse hervorbringen
Insgesamt ist ein Gap-Close im FDAX ohne weitere Filter und genauer Definition der Handelszeiten und Schlusskurse nicht profitabel handelbar. Mit einigen Auswertungen und Tests kann der statistisch bewiesene Vorteil jedoch ausgenutzt werden.
Erfolgreiche Trading Tage
Holger Breuer