Nachdem im letzten Artikel eine Gap-Analyse im FDAX erfolgt ist, möchte ich im Folgenden weitere interessante Auswertungen bezüglich der Tages- und Nacht-Performance des DAX vorstellen. Hierfür verwende ich die Open- und Close-Werte des Kassa-Dax von 9:00 – 17:30 Uhr. Die Daten hierfür habe ich bei Yahoo heruntergeladen und in OpenOffice eingepflegt. Eine Analyse der Daten ist damit dann relativ einfach durchzuführen.
Datenverarbeitung
In der ersten Abbildung ist ein Auszug der Tagesdaten von 2000-2015 zu sehen. Neben dem Datum habe ich die Open, High, Low und Close Werte importiert. In der vorletzten Spalte ist die reine Kursveränderung in Punkten dargestellt. Die Prozentwerte habe ich ebenfalls berechnet, für diesen Artikel aber ausgeblendet, da wir uns auf die reinen Punktwerte beschränken wollen. Mit den Tagesveränderungen von 9:00 – 17:00 Uhr wird jetzt eine kumulierte Datenreihe aller Tage erstellt (letzte Spalte).
Das erstaunliche Ergebnis der kumulierten Tagesperformance ist so nicht unbedingt zu erwarten. Diese ist sehr schlecht und mit über -3686 Punkten recht weit im negativen Bereich. Merkwürdigerweise legte der DAX aber in dieser Zeit um mehr als 50% zu. Die Performance muss also woanders herkommen.
Berechnen wir nun die Performance des Kassa-DAX, während der Markt geschlossen hat, also von 17:30 – 9:00 Uhr des nächsten Tages.
Es wird ersichtlich, dass der DAX seine Performance Übernacht erreicht hat und nicht, wie vielleicht zu erwarten, im Tagesverlauf. Zur Verdeutlichung hier noch die kumulierten Punktekurven. Zu diesem Zeitpunkt haben wir noch kein Handelssystem erstellt, sondern nur die reine Datenverarbeitung betrachtet.
Handelsstrategien zum DAX-Trading
Zwei Strategien können aus diesen Ergebnissen bereits abgeleitet werden. Zum einen kann man, auf Grundlage der Ergebnisse, versuchen jeden Tag Short zu handeln. Direkt nach Eröffnung des Marktes um 9:00 Uhr wird der Trade eröffnet, um 17:30 Uhr wird der Trade wieder geschlossen. Obwohl die Performance über den Tag als negativ ausgewiesen wurde, kann mit dieser Logik kein positiver Erwartungswert generiert werden. Ich erspare mir hier die Details und die Equity-Kurve. Dieser Ansatz wird nicht weiterverfolgt. Ich habe hierfür keine weiteren Filter oder Logiken zur Verbesserung der Ergebnisse gefunden. Das heißt natürlich nicht, dass hierfür keine existieren.
Eine weitere einfache Strategie könnte den DAX zum Schlusskurs kaufen und am nächsten Morgen wieder verkaufen. Mit dem FDAX, dem FDAX-Mini und diversen CFD-Produkten habe ich Erfahrungen in diesem Bereich sammeln können. Je nach Kontogröße werden hierbei 25€, 5€ oder 1€ (je nach CFD-Anbieter) fällig. Mit Zertifikaten habe ich bei dieser Strategie noch keine Erfahrungen gesammelt. Man muss unbedingt beachten, dass man hier das Übernacht-Risiko komplett mitnimmt. Wenn der Markt 500 Punkte niedriger eröffnet, wie Anfang des Jahres 2016, muss dies aus Risiko- und Moneymanagement-Perspektive zwingend mit eingeplant werden.
Die Equity-Kurve ohne weitere Filter entspricht der oben bereits ausgewiesenen Grafik für die kumulierten Übernacht-Punkte. Hier sind bereits auf den ersten Blick 3 größere Drawdowns auszumachen. Einmal von ca. 500 Punkten (Ende 2001) und zweimal von ungefähr 1000 Punkten (Anfang 2009 und Ende 2011). Dies überrascht nicht, da in diesen Zeiträumen auch die bekannten Börsencrashs fallen.
Fazit und Ausblick
Auch ohne professionelle Backtesting-Umgebung kann eine Datenanalyse mit End-Of-Day-Daten relativ einfach erfolgen. Es können bereits Handelsstrategien hiermit abgeleitet und weitere Logiken getestet werden. Die Ergebnisse für einen Übernacht-Ansatz im DAX sind erstaunlich positiv und sollten weiter verfolgt werden. Ohne weitere Handelsfilter allerdings, welche die Drawdown-Phasen minimieren, sollte ein derartiges System nicht eingesetzt werden.
Ich habe mit einfachen Market-Regime-Filtern, wie bspw. einem Moving-Average, gute Ergebnisse erzielen können. Auch ein Kriterium zur Volatilitätsfilterung brachte eine Glättung der Equity-Kurve. Zudem wäre es interessant weitere Märkte zu analysieren, um dort ebenfalls die Übernacht-Performance auszunutzen, sofern diese gegeben ist.
Ein weiterer Vorteil besteht in der manuellen Umsetzung dieses Handelsansatzes. Es ist nicht zwingend eine Vollautomatisierung notwendig, da die Trades nur maximal zweimal am Tag verwaltet werden müssen.
Erfolgreiche Trading Tage
Holger Breuer
Gregor says
Interessanter Ansatz, und was wenn wir am Tagesende spätestens um 21:50 schließen? Dann hab wir das overnight Risiko nicht bzw. uns gehen dafür die up gaps durch die Lappen.
Holger Breuer says
Aber gerade das Overnight-Verhalten bringt uns die Performance. Ohne Übernacht-Handel geht es auch, aber nur in der Nacht bekommen wir den Performance-Boost. Von gestern auf heute wieder zu sehen, wenn auch nur mit kleinem Gewinn.