Unter Rotationsmodellen bei Handelssystemen versteht man ein laufendes Investment in eine streng selektierte Auswahl von Handelsinstrumenten, meist Aktien, nach vorab definierten Kriterien.
Ein oft gesehenes Beispiel ist die Dogs of the Dow Theorie. Hierbei werden die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite im Portfolio gehalten und jedes Jahr gewechselt, je nachdem, ob andere Werte eine höhere Dividendenrendite aufweisen.
Grundsätzlich wird bei Rotationsmodellen in wiederkehrenden Abständen, in die jeweils stärksten Aktien eines zuvor ausgewählten Portfolios investiert. In einem fest definierten Zeitintervall kann bspw. jeden Monat eine Neubewertung des Portfolio vorgenommen werden. Aktienwerte werden dann unter Umständen getauscht, damit nur die stärksten Aktien, je nach prozentualer Wertsteigerung, enthalten sind. Das zugrunde liegende Portfolio kann ebenfalls vorab definiert werden.
Für ein konkretes Beispiel findet die Bestimmung der 10 stärksten Werte im gewählten Rotations-Portfolio auf Basis des RSL – Indikators statt. Dieser bestimmt die Stärke einer Aktie, indem der aktuelle Schlusskurs durch den gleitenden Durchschnitt der Schlusskurse innerhalb einer Periode geteilt wird. Diese Periode ist meist veränderbar.
Traderichtung: | Long |
Portfolio: | Nasdaq 100 |
Position-Sizing: | $10.000 pro Position, max. 10 Positionen |
Zeitraum: | 2005 – 2014 (10 Jahre) |
Stärkebestimmung: | Relative Stärke nach Levy (RSL) mit Periode 130 |
Prüfungsintervall3: | 30 Tage (Nur stärkste Werte im Portfolio) |
Investitionsquote: | 100% |
Stop: | Kein Stop |
Target: | Kein Target |
Im obigen Beispiel werden die 10 besten Werte in der RSL-Liste (nach Berechnung) gehandelt und für 30 Tage gehalten. Anschließend findet erneut eine Berechnung statt. Sollten jetzt andere, stärkere Aktien die oberen 10 Plätze der Liste einnehmen, so werden die laufenden Positionen geschlossen und neue Positionen, mit diesen Werten eingegangen. Die Investitionsquote bleibt unverändert bei 100%, wir sind zu jeder Zeit voll investiert.
Im Folgenden wird mit der Software Wealth-Lab eine erste Auswertung dieses Ansatzes gezeigt. Wealth-Lab ist hierfür hervorragend geeignet, genau diese Art von Portfolio-Systemen zu testen und bewerten zu können.
Ich habe mich bewusst dazu entschieden, ein konstantes Position-Sizing zu verwenden, um eine Vergleichbarkeit (auch in verschiedenen Zeiträumen) zu gewährleisten. Gemäß dem Gedankengang „…was passiert, wenn ich erst im Jahr XY mit diesem System anfange zu traden…“. Weiterhin ist so die Möglichkeit in Aussicht gestellt, jedes Jahr das Konto wieder beim initialen Betrag zu starten und das erwirtschaftete Kapital abzuziehen. Dies entspricht aus meiner Erfahrung am ehesten einem realen Ansatz, sofern man ein System privat handelt.
Auswertungen des Rotationsmodells
Die Ergebnisse sind mit den Standardeinstellungen recht vernünftig, zumindest im ersten Augenblick. Bei einem Jahresprofit von durchschnittlich 14% und ein Drawdown von 22% können weitere Tests erfolgen. Fast 60% Gewinnrate sind ebenfalls ein interessanter Wert.
Im Gegensatz zu einem Buy & Hold Ansatz des Nasdaq 100 Indizes sehen die Ergebnisse pro Jahr und auch der Drawdown wesentlich besser aus. Lediglich im Jahr 2008 gab es einen großen Verlust. Alle weitere Jahre werden positiv beendet.
Folgende Auffälligkeiten bei der Umsetzung müssen bei Auswertung der Testergebnisse von Rotationsmodellen jedoch betrachtet werden:
Survivorship Bias
Aktuell liegt den Testergebnissen nur der aktuelle Index mit den aktuellen Aktien zugrunde. Um überhaupt valide Testergebnisse zu erhalten, sollte der Index in seiner Zusammensetzung zu jedem Zeitpunkt vorliegen, da Aktien aus dem Index herausfallen und neue Werte hinzukommen können.
Diesen wichtigen Punkt, der für alle trendfolgenden Ansätze gilt, werden wir in einem separaten Artikel noch ausführlich diskutieren. Die Performanceergebnisse können, sowie hier dargestellt, sicherlich nicht erwartet werden.
Die schwächsten Werte bei Rotationsmodellen
In der Fach-Literatur wird nicht immer auf die N stärksten Werte geschaut und diese gehandelt. Ebenso werden bei Tests die schwächsten Werte betrachtet und für einen Backtest verwendet. Häufig finden sich hier bessere Ergebnisse, was erstaunlich scheint, aber auf Basis der bereits angesprochenen Survivorship Bias auch verständlich. Diese wird oft nicht mit in die Berechnung einbezogen
Durch eine generelle Long-Ausrichtung des Aktienmarktes über einen längeren Zeitraum und eine grundsätzliche sehr performante Entwicklung von trendfolgenden Ansätzen scheinen die Ergebnisse allerdings einleuchtend.
Aktuell und ohne die Verwendung einer korrekten Index-Zusammensetzung, wird hier jedoch auf eine detaillierte Darstellung vorerst verzichtet. Nur die Kapitalkurve wird zum Abschluss exemplarisch präsentiert:
Die Ergebnisse scheinen erstmal ähnlich, wie bei den stärksten Werten. Der große Nachteil hierbei ist jedoch das Jahr 2008, welches zum Crash am Markt und im Portfolio geführt hat von insgesamt mehr als 40%. Dies ist zwar immer noch ein besserer Wert, als bei einem reinem Buy & Hold Ansatz, allerdings möchte wohl keiner einen derartigen Verlust auf seinem Konto aushalten. Zudem sind auch hier die Werte wieder stark beeinflusst durch die bereits angesprochene Survivorship Bias im Portfolio.
In weiteren Artikeln gehen wir auf mögliche Fehlerquellen bei der Anwendung detaillierter ein. Zudem besprechen wir Erweiterungen des starren Ansatzes, der diesem Beispiel zugrunde liegt. Um bspw. die Investitionsquote dynamischer zu gestalten oder auch gänzlich das Trading einzustellen, wenn das Marktumfeld für diesen Ansatz nicht ausreichend gut definiert ist.
Erfolgreiche Trading Tage
Holger Breuer
[…] die Ergebnisse des vorherigen Tests überhaupt als valide angesehen werden können, sollten zu jeder Zeit auch die wirklich vorhanden […]